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Nach dem II. Weltkriege erbrachte die Brauerei einen Jahresausstoß von maximal 6 000 Hektoliter Bier. Sudhaus
und Braukessel mit Läuterbottich wiesen eine Kapazität von 45 Hektoliter pro Sud aus. Gleiches
Fasssungsvermögen hatte das Kühlschiff. Lager – und Gärkeller waren dieser Größenordnung
durch Erweiterungen angeglichen worden. Nachdem die Brauerei früher fast ausschließlich Faßbier
braute und vertrieb, nahm in den Nachkriegsjahren die Nachfrage nach Flaschenbier ganz erheblich zu. Daraus ergab
sich eine wesentliche Mehrarbeit in der Produktion und auch im Transport. Die Arbeitskräftezahl in Braubetrieb
und Verwaltung erhöhte sich auf 10 Personen. Vor und während des II. Weltkrieges arbeitete neben den
Besitzern, Herrn Erwin Tauscher und Herrn Hugo Tauscher, lediglich ein Brauereiarbeiter, Herr William Gering. Sein
richtiger Name lautete William Mönnig. Er war über 40 Jahre in der Brauerei tätig, hatte in seinem
Leben niemals Urlaub gemacht und war nicht nur während der Arbeitswoche, sondern auch an Sonn – und Feiertagen
in der Brauerei anzutreffen. In dieser Zeit transportierte ein brauereieigenes Pferdefuhrwerk das Bier zum Kunden.
Jede Woche war einmal nach Plauen und nach Sachsenberg – Georgenthal Bier zu liefern. Frühzeitig trabten die
braven Brauereipferde los und standen erst spätabends mit hängenden Köpfen wieder im Stall. Mit
steigendem Bierkonsum konnte das Pferdefuhrwerk den Transport nicht mehr bewältigen. Lastwagen mußten
angeschafft werden. Die erste "Benzinkutsche" war ein Gebrauchtfahrzeug, ein ¾ - Tonner "Borgward".
Dieser gab den Fahrern manche Nuß zu knacken, und so manches Mal schleppten ihn die "Hafermotoren"
wieder in die Garage. Später wurden größere und zuverlässigere Fahrzeuge beschafft. Zur Brauerei
gehörte eine kleine Landwirtschaft mit etwa 5 Hektar Fläche. Dazu gehörten eine Wiese und ein Feld,
das "Muckenfeld", das nach dem früheren Besitzer "Muck" genannt war, dessen Hausgrundstück
jetzt mit dem Gemeindeamt bebaut ist. Die übrigen Felder waren beim Forst angepachtet worden. 1930 übernahm
die Brauerei von Gottlieb Heinzmann das "Gasthaus Wettintal" mit allen Schulden. Auch die landwirtschaftlichen
Flächen erwarb die Brauerei mit. Zunächst pachtete Rudolf Wunderlich das Gasthaus. Ab 30. Juni 1939 bis
zum 20. August 1968 war Gustav Renz Pächter und beliebter Gastwirt. Von 1935 -–1936 ließ die Brauerei
das Gasthaus gründlich modernisieren. Bauausführender war Baumeister Ernst Pschera. Bis zu diesem
Zeitpunkt bestand das Haus in der äußeren Form so, wie 1750 erbaut worden war. Die landwirtschaftlichen
Flächen bewirtschafteten die jeweiligen Pächter mit. Wenn zu "Himmelfahrt" oder zum
"Vatertag" schönes Wetter war, herrschte beim "Renzen – Gustav" in der Landesgemeinde
Hochbetrieb. Manchmal war das Geschäft so gut, daß der gesamte Jahrespachtzins herausgewirtschaftet
werden konnte. Am 20. August 1968 besetzte Militär im Rahmen der "Hilfeleistung der Warschauer Paktstaaten
in der Tschechoslowakei" das Gasthaus und nahmen es als Quartier in Anspruch. Pächter Gustav Renz wurde
evakuiert und bekam in Markneukirchen eine Notwohnung, verzog aber später nach Siebenbrunn. Ein
Pachtverhältnis kam nicht wieder zustande. Der Staat kaufte das Gasthaus von der Union – Brauerei auf. Scheune,
Stall und Schuppen wurden abgebrochen und umfangreiche Um – und Ausbaumaßnahmen durchgeführt.
Am 7. Oktober 1979 war Einweihung des repräsentativen Ferienheimneubaus, und auch die weiter hinten
liegenden "Zollhäuser" wurden mit in dem Komplex "Ferienheim Schwarzbachtal" einbezogen.
Damit ging der Bevölkerung ein gern besuchtes Ausflugslokal verloren, das seit über 100 Jahren als
Gasthaus nachweisbar ist. Der Rat der Gemeinde knüpfte an die Schließung der Gaststätte und den Bau
des Ferienheimes inmitten des Landschaftsschutzgebietes die Bedingung, daß die Bevölkerung Erlbachs
die Heimgaststätte als Ausflugslokal mit benützen könne, doch wurde dies nach Fertigstellung des
Heimes nicht gestattet. Bevölkerung und Gemeinderat hatten sich konsequent gegen den Kauf des Gasthauses durch
das Ministerium des Innern gestellt. Alles half nichts. Um den wiederholten Protest der Bevölkerung zu
gegegnen, errichtete die Gemeinde am Eingang des Landesgemeindetales die "Waldgaststätte", ein
primitives, ja fast lächerliches Provisorium mit etwa 50 Plätzen. Nach der Wende stellte es sich heraus,
daß die Waldgaststätte auf dem Papier gar nicht existierte und nicht einmal in das Grundbuch eingetragen
wurde. Als die Gemeinde sie verkaufen wollte, mußte sie gegenüber der Treuhand erst den Besitznachweis
erbringen.
Trotz großer Konkurrenz aus Bayern und Böhmen hatten in unserem obervogtländischen Winkel etliche
kleine Brauereien ihr Auskommen. Natürlich wurde auch hier Konkurrenzkampf ausgefochten, und Kundenbesuche in
einem bestimmten Turnus waren unerläßlich. Besonderen Kummer bereitete es den Besitzern der Brauerei,
wenn bei schönem Wetter an Wochenenden eine kleine "Völkerwanderung" nach dem "Hohen
Stein" einsetzte. Der Hohe Stein mit dem roten Dach seines Wirtshauses, der "Buden", leuchtete
aber auch zu verführerisch in unser Heimatdorf und auch nach Markneukirchen hinunter. Hinzu kam das
"Paschen" von Tabak und Butter oder ähnlichem als kribbelnder Volkssport.
Ein besonderes Vergnügen bereitete es hauptsächlich der männlichen Jugend, wenn einer der zur Brauerei
gehörenden Teiche "gelassen" wurde. Karpfen, Schleien und Krebse zappelten im Schlamm. In jedem der
drei Teiche residierte ein gefräßiger Hecht, der all das kleinere Getier kurz und so die Teiche sauber
hielt. Wenn das Wasser mit viel Gegurgel und Schaum den Graben hinunterlief, riß es manchen Fisch und Krebs mit,
doch alles wurde geborgen und teilweise wieder eingesetzt.
Ein weiterer Höhepunkt war das Auskellern der Lagerfässer. Jedes Jahr war eine andere Seite des Lagers
"fällig". Wenn dann die Lagerfässer zum Trocknen in Reih und Glied vor der Brauerei standen,
hüpfte die Jugend mit Vergnügen von einem Faß zum anderen, wenn nicht gerade jemand von den Besitzern
in der Nähe war und schimpfen konnte. War der Trockenprozeß beendet, wurde mit einer langen Lunte das Altpech
aus den Fässern abgebrannt. Dann kam heißes, flüssiges neues Pech in die Fässer, die dann auf der
Straße hin – und hergerollt wurden, um eine gleichmäßige Verteilung und Erhärtung des Pechs zu
erreichen. Dieser Arbeitsprozeß war nicht ungefährlich, und die zu nahe kommenden und zu neugierigen Passanten
mußten oftmals mit eindringlichen Worten verscheucht werden. Bei den heutigen Verkehrsverhältnissen
wäre dieses "Fässerrollen" nicht mehr möglich. Die modernen Brauereien arbeiten ja auch
nicht mehr mit Holzfässern, sondern mit Lagertanks. Ob sich der Biergeschmack dadurch besserte, bleibt fraglich.
Die Brauerei betrieb neben dem Kühlaggregat noch einen Eiskeller, der mit Natureis gefüllt das Bier
kühlte. Das Eis wurde in einem Schuppen in gleichmäßig großen Blöcken zwischen
Sägespänen gelagert. Die Brauerei benötigte relativ viel Eis. Wenn das Eis im tiefen Winter eine
bestimmte Stärke erreicht hatte, dann rief der Brauereibesitzer starke Männer zum "eisen". Zu
dieser Arbeit stellten sich gerne Bauern, die ja im Winterhalbjahr nicht so viel zu tun hatten, zur Verfügung.
Das Eisen des Hofteiches war am einfachsten. Früher schnitten die Männer mit speziellen Eissägen
Blöcke, später halfen Motorsägen. Mit langen Stangen mit eisernen Widerhaken an den Enden wurden die
Eisblöcke ans Ufer gezogen. Dann rutschte das Eis auf dem etwas abfallen-den Gelände bis zum Fuße des
Eiskellers. Dort standen schon zwei Männer mit hölzernen Schlägeln bereit, die das Eis zerklopften.
Dadurch konnte es durch einen eisernen Rost in die Behälter des Elevators fallen. Anschließend wurde das
Eis mit elektrischer Kraft hochgebaggert, um mit viel Getöse in den Eiskeller zu landen. Wenn im Eiskeller sich
ein spitzer Eisberg gebildet hatte, warf ein Arbeiter das Eis breit. Dies war eine schwere und nicht ungefährliche
Arbeit. Auch die Teiche am oberen Ende der "Tauscherwiese" wurden zur Eisgewinnung herangezogen. Die Teiche
stammen wahrscheinlich aus der Zeit vor der Reformation, als zur Fastenzeit Fisch gegessen werden durfte. Mit eigens
darür konstruierten Schlitten, bespannt mit den Brauereipferden, brachten die Männer die schweren
Eisblöcke zur Brauerei. Sie fuhren mit Wechselschlitten, um unnötigen Stillstand zu vermeiden. Der
Brauereibetrieb benötigte jährlich das Eis von zwölf Teichen. War der Winter streng genug, konnte
jeder Teich mehrmals geeist werden. Einmal stand ein vollbeladener Schlitten oben auf der Wiese, um vom Pferdegespann
abgeholt zu werden. Etwa ein Dutzend zehn bis zwölfjährige Lausebengels, darunter Harry Wilfer, Friedrich
Götz und Werner Heber, heute bereits seriöse und gesetzte Großväter, lösten die
Schleife (Bremse) des Schlittens und dirigierten diesen in Richtung Brauerei, bestimmt in guter Absicht.
Natürlich geriet der schwere Schlitten außer Kontrolle und sauste mit großer Geschwindigkeit durch
2 Gartenzäune. Als die Bengels sahen, was sie angerichtet hatten, gaben sie Fersengeld und sausten in alle
Himmelsrichtungen. Die "Alte Pohle", deren Zaun der Schlitten mit erwischt hatte, lief schnell in die
Brauerei und machte Meldung. Erwin Tauscher nahm die Angelegenheit sogleich in die Hand, denn darin war er Spezialist.
Siehe da, kurze Zeit nach dem Jungenstreich waren alle Sünder eifrig dabei, mit Hammer, Nägel und Latten
versehen, den Schaden so gut wie möglich zu beheben. Die "Alte Pohle" spendete anschließend ein
paar Äpfel. Jeder war froh, daß nicht mehr passiert war.
Als das Rittergut Obererlbach noch in Betrieb war, hieß die Tauscherwiese "Pferwies" und die
Teiche "Pferteich". Die Wiese diente vielfach als Pferde-koppel und die Teiche als Pferdeschwemme. Noch vor
ein paar Jahren wuchsen oberhalb der Teiche Wollgras, Knabenkraut, Herbstzeitlose, Märzenbecher und Goldsternchen.
Infolge der intensiven Nutzung und Düngung ist alles verschwunden. Auch die früher an den Bachrändern
wuchernde Brunnenkresse (Bachbohne) hat sich rar gemacht. Das kleine Anwesen unterhalb der Teiche war früher die
Ritterguts – Schäferei. Der Schäferei gegenüber, unmittelbar unter dem ehemaligen Fußballplatz
(heute mit 16 neuen Häusern bebaut), befand sich der "Schafteich". In diesen Teich wurden die Schafe
geworfen, um die Wolle sauber zu bekommen. Im Rittergut Obererlbach hielt der Schäfer ständig 250 – 300 Schafe.
Der Schäfer wohnte in diesem Haus, der Schafstall befand sich beim Rittergut.
Ein weiteres Ereignis ist mit der Tauscherwiese der Brauerei eng verbunden. Am 6. Mai 1945, im frühen Nachmittag,
besetzte die 3. US – Armee Erlbach, nachdem die letzten, sich auf der Flucht befindenden deutschen Soldaten, in
Böhmen Unterschlupf gefunden hatten. Einige Dutzend Panzerfahrzeuge nahmen auf der Forststraße Aufstellung
und richteten ihre Rohre schußbereit auf Erlbach. Alle Häuser hatten zum Zeichen der Kapitulation
weiß geflaggt oder hielten Bettlaken oder Kopfkissenbezüge zum Fenster hinaus. Zum Glück blieb im Ort
alles ruhig und friedlich. Nach geraumer Zeit zogen sich die Panzer von der Straße zurück und stellten sich
auf der Tauscherwiese auf. Panzersoldaten evakuierten sämtliche umliegenden Häuser und nahmen sie als Quartier
in Beschlag. In der damaligen Oberförsterei, dem jetzigen Kindergarten, befand sich die Kommandantur. Am 2. Juli
1945 vormittags zogen die Amerikaner von Erlbach wieder ab. Gegen Abend zog dafür die Rote Armee ein. Nachdem die
Panzerfahrzeuge die Wiese geräumt hatten, sah diese einem Sturzacker gleich. Die schweren Panzer hatten oft
meterdicke und sehr tiefe Fahrrinnen in das Erdreich gegraben. Um den entstandenen Schaden nur einigermaßen zu
beseitigen, wurden die sich noch im Ort befindlichen ehemaligen Genossen der NSDAP zur Arbeit herangezogen. Mit Hacke
und Spaten mußten sie erste Wiedergutmachung leisten. Die neuen Machthaber, Genossen der Kommunistischen Partei,
beaufsichtigten diese Arbeit und ließen es nicht an "aufmunternden" Worten fehlen.
Leider ereignete sich in der Brauerei auch ein tragisches Unglück. Im September 1954 verunglückte der
Mitbesitzer der Brauerei, Herr Erwin Tauscher, infolge eines Betriebsunfalles tödlich. Sein einziger Sohn trat
das Erbe an und betrieb die Brauerei weiter.
Besonders erwähnt müssen die weiträumigen, aus dem 16. Jahrhundert stammenden Gewölbekeller der
Brauerei werden. Sie gewährleisteten eine gleichbleibend kühle Lagertemperatur. Aus Natursteinen gemauert,
hielten sie dem Druck des Berges unversehrt stand.
An dieser Stelle sei Frau Edith Tauscher besonderer Dank gesagt. Bereitwillig beantwortete sie mir meine
zahlreichen Fragen zur Geschichte der Erlbacher Brauereien und schrieb mir sogar ihre wertvollen Erinnerungen
auf. Leicht verändert habe ich sie teilweise im Text eingearbeitet.
Aus dem Archiv von Helmut Eßbach.
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