Nach dem Tode von Sebald Thoß verlieh Herzog Johann Friedrich das Rittergut Erlbach an Wolf, Joachim und
Albrecht Thoß gemeinschaftlich. Die Brüder teilten sich ihr Erbe. Albrecht erhielt einen Teil des
Rittergutes Erlbach, das künftig "Obererlbach" genannt wurde. Dazu gehörten die Dörfer
Gopplasgrün, Kegel und Wohlhausen. Albrecht war gezwungen, sich einen neuen, zusätzlichen Rittersitz
erbauen zu lassen. Auf einer sanften Anhöhe, die einen schönen Blick auf das Dorf gewährte, entstand
aus im eigenen Steinbruch gebrochenen Steinen im östlichen Dorfteil das Obererlbacher Schloß
(Bunde – Schloß), das in recht gutem, zumindest nicht sehr baufälligem Zustand denkmalgeschützt
erhalten ist. Das Baujahr ist nicht bekannt, doch dürfte Albrecht Thoß sofort nach Antritt des Erbes
den Grundstein gelegt haben. Um die Vorteile des Privilegs vom 25. Juli 1563 auch nutzen zu können, ließ
Albrecht eine Brauerei in seinem Rittergut einrichten. Sie befand sich nicht im Herrenhaus, sondern wahrscheinlich
im linken Nebengebäude. Urkunden oder andere Hinweise konnten bis jetzt noch nicht gefunden werden.
Zwangsläufig spielte die neue Brauerei in den ersten Jahrhunderten eine untergeordnete Rolle gegenüber
der schon viel länger im Betrieb befindlichen im "alten" Rittergut Untererlbach, die bereits den Ort
mit Bier versorgte. Der Bierverbrauch hielt sich in mäßigen Grenzen. Lediglich das Wirtshaus in Wohlbach
versorgte die Brauerei zu Obererlbach, obgleich dieses Gasthaus zu Untererlbach gehörte. Doch ab 1650 wurde es
Beulwitzischer Besitz, und die Herren von Beulwitz wollten natürlich ihr Bier im eigenen Wirtshaus verkaufen.
Sicherlich wurde auch Bier ins nahe Böhmen ausgeführt. Das Bier soll über das Wirtsgrundtal über
die Grenze gefahren worden sein. Von den Bierfuhren hat dieses liebliche Tal seinen Namen erhalten. Tief eingefahrene
Hohlen zeugen vom einstigen geschäftigen Fuhrmannsleben. Wann die Brauerei einen eigenständigen Platz erhielt,
war bisher nicht zu ermitteln. Ein Aquarell vom Rittergut Obererlbach, das vor den Bränden im Zusammenhang mit
Christian Friedrich Sporn 1817 – 1823 entstand, zeigt deutlich die Brauerei am heutigen Platz, jedoch ohne den
großen Anbau. Die Gerichtsherrschaft beschäftigte sich nicht mit der Ökonomie von Rittergut und
Brauerei, sondern überließ diese immer Pächtern. Am 3. Mai 1797 pachtete Johann Georg Erbsmann
Rittergut und Brauerei Obererlbach wie folgt:
"Das ganze neue (Seiten-) Gebäude, mit der daselbst befindlichen Brandweinbrennerey, so jedoch in Pachters
Blase geschieht, den neuen Pferdestall, die Kammer daneben, den Heuboden über selbigen, die Schupfen nebst
Pferdestall und den darüber befindlichen Getreide Boden, die Scheunen, das Gebäude in welchem der
Ochsen – Kühstall ist. Die zeitherige Gerichtsstube und daran stossende Kammer und noch eine Bodenkammer,
die Gesindestube nebst bey befindlicher Speisekammer und dem Hühnerstall im Herrschaftlichen Wohnhause,
den Durchgang durch die Küche daselbst, sowohl zum Ofenloche und dem Gesindestubenofen als in und aus dem
Erdäpfel – Gewölbe, sowohl die Feueresse über der Küche zum Räuchern, das Brauhaus, den
benöthigten Teil vom Keller unter selbigen, wie auch den daneben befindlichen Erdkeller, das Brechhaus,
darinnen der Backofen, ferner das Fischhaus beym Bleichteich und dem Wassertrog im Hofe".
Weiterhin wurde verpachtet:
"das Bierbrauen und Schenken an den zwo jährlichen Kirchmessen (Jahrmärkten) und wie es die ihm
bekanntgemachten Gerechtsame als Ritterguth mit sich bringen, die Essigbrennerey, die Brandwein-brennerey und den
Schank und Verkauf..."
Dem Pächter wurde folgendes auferlegt:
..."sollte ein neuer Bottich, eine neue Braupfanne oder ein neuer Boden in selbiger nöthig seyn, so werden
solche abseiten der Frau Verpachterin angeschafft und hergestellt, die andern Reparaturen aber, so bey Ausübung
der Brauerey und der Branndweinbrennerey vorfallen, sie bestehen, worinnen sie nur immer wollen, nimmt Pachter auf
sich und bestreitet sie auf eigene Kosten, ...
und weiter,
..."Soll der Pachter bey vorfallenden Gerichtstagen allhier, dem Gerichtshalter Kost und Getränke frey
halten und auch dem Richter und Gerichtspersonen das gewöhnliche Brod, Käse und Bier reichen..."
Aufschlußreich ist das Inventarverzeichnis der Brauerei:
Im Brauhause:
Eine eiserne eingemauerte Braupfanne,
Ein grössern runder Braubottich,
Vier große Bierkufen, eine kleine dergleiche,
Eine kleine Wanne,
Zwey Bierschöpfen oder Schufen (Schaufeln),
Eine Hopfendraige, (Hopfentrage ?)
Zwo Füllhälse von Holz mit Faßreifen, einer größer als der andere,
Zwey Tragscheffel,
Zwo Stützen,
Drey Rinnen, zum Bier und Wasser ab und zuschlagen, auch ersteres in der längsten bis zum Loche, das in den
Keller gehet, in die untergesetzten Bierkufen laufen zu lassen, samt 4 elligter Einsetzrinne durchs Gewölbe.
An Biergefässe.
Sechs grosse 2 ½ Eimer jedehaltende Fässe,
Zwey einzelne Eymerfäßlein,
Vierzehn anderthalb Eimer Fässer, verschieden nach Kannen in ihrer Grösse, eines ins andere gerechnet..."
1852 pachtete Wilhelm Renner aus Schöneck die Brauerei Obererlbach. Nachkommen dieser Familie leben in Bad Brambach.
1863 trat die Familie Tauscher als Pächter in Erscheinung. Diese Familie wanderte aus Bayern in das Vogtland ein,
wo zunächst in Adorf Johann Adam Tauscher als Bürger – und Schönfärber lebte. Sein Sohn Hermann
Eduard, geb. am 12. Januar 1832 in Adorf, gest. am 20. Juni 1881 in Erlbach, war mit Auguste Friederike Braun aus
Wohlhausen verheiratet. Ihr Vater war Johann Gabriel Braun, Müller und Zimmermann und auch Besitzer der
Hirschmühle. Sie starb am 8. Oktober 1892 in Erlbach im Alter von 57 Jahren. Hermann Eduard war Braumeister und
pachtete 1876 die Brauerei Obererlbach. Sein Sohn Robert Hermann, geb. 7. März 1863, gest. 20. Februar 1831, war
mit Ernestine Auguste Wilhelmine Übel aus Gopplasgrün, geb. 24. Februar 1864, gest. 3. Juli 1930, verheiratet.
Er kaufte die Brauerei vom Rittergutsbesitzer Richard Bunde am 21. Juli 1890 für 43 300 Mark. Damit nahm die
Familie einen steilen Aufstieg, - vom einfachen Pächter bis zum Besitzer einer damals modernen,
leistungsfähigen und bierberühmten Brauerei. Bereits 1877 ließ Brauereipächter Eduard Tauscher ein
Brauhaus erbauen. Ausführender war Baumeister Lippold aus Markneukirchen. Die Steine lieferte Börner aus
seinem Steinbruch (Freilichtbühne). Die Bretter wurden von der Schumann – Mühle (Hammig) bezogen. Maler
Adler, Klempner Hums, Schmied Weidhaas und Tischler Braun waren auch beteiligt. Der Bau begann im August 1877.
Im Winter richteten die Zimmerleute das Holz zu, und im Frühjahr ging der Bau weiter. Die Baukosten beliefen
sich auf 7 291 Mark. Bier lieferte die Brauerei an den Gasthof, an Dölling und Meinel in Markneukirchen, Todt
in Eubabrunn, Dick in Hetzschen und Börner in Erlbach. Wohlhausener Bauern lieferten Fichtenpech, ein Beweis,
daß damals die "Picherei" als bäuerliches Nebengewerbe der Waldbauern noch fleißig
betrieben wurde. Gerste bezog Tauscher aus dem nahen Böhmen. Vom 19. September 1876 bis 6. Januar 1877 erhielt
ein Braubursche 36 Taler Lohn, einschließlich Quartier und Kost.
Die Brauerei wurde ständig ausgebaut und modernisiert:
1889 Bau eines Bierkellers,
1894 Bau eines Seitengebäudes,
1897 Bau eines Wagenschuppens durch Baumeister Müller,
1904 Aufstellung eines Sauggasmotors 12 PS Deutz, dazu eine Dynamoanlage zur Erzeugung elektrischen Lichtes. Eine
Esse wurde errichtet, die sich
aber als zu klein erwies für die Abgase der Steinkohle, die damals verheiztwurde. Die Bevölkerung
beschwerte sich über den schwarzen Rauch.
1904 Täglich werden 22 hl. Bier gebraut. Auf das Sudhaus wird ein Aufbau gesetzt,
1910 Eine massive Scheune und ein Stall werden gebaut,
1930 Sudhausneubau,
1935 Einbau einer Dieselmotor - Junkersanlage,
1952 Kellerausbau,
1954 bis 1958 Erweiterung des Flaschenkellers und Aufstellung einer größeren
Flaschenwaschanlage, Beschaffung eines halbautomatischen Flaschenfüllers, Erweiterung des Gär– und Lagerkellers.
Die Arbeiten wurden vom heimischen Baumeister und Baubetrieb Heinrich Jacob ausgeführt.
Am 25. Juli 1927 sind als Besitzer Robert Erwin Tauscher und Erwin Hugo Tauscher je zur Hälfte, zufolge Auflassung
im Grundbuch, eingetragen. Ab 27. Dezember 1962 ist die Kommanditgesellschaft in Firma Vogtl. Union – Brauerei
Günnel & Tauscher KG in Markneukirchen Besitzer. 1972 wurden alle halbstaatlichen Betriebe durch restriktive
staatliche Maßnahmen in "Volkseigen-tum" übernommen. Damit war der Niedergang besiegelt, der sich
eigentlich bereits Ende der fünfziger Jahre abzeichnete. Die kleineren Brauereien wurden während der
Nachkriegsjahre als Handwerksbetriebe geführt und dement-sprechend besteuert. Der Gewinn war einigermaßen
lukrativ. Ende der fünfziger Jahre wurden sämtliche Brauereibetriebe, ob groß oder klein, als
Industriebetriebe eingestuft. Die Steuerlasten stiegen dadurch so hoch, daß die Existenz gefährdet war.
Zudem waren die Löhne, die ein Privatbetrieb an seine Mitarbeiter zahlen durfte, wesentlich niedriger als bei
gleicher Tätigkeit in einem volkseigenen Betrieb. So wurde sich schweren Herzens entschlossen, mit "staatlicher
Beteiligung" zu arbeiten. Dieses Ansuchen wurde jedoch staatlicherseits nur unter der Bedingung erfüllt,
daß sich die Brauereien Erlbach, Markneukirchen, Klingenthal und Zwota zu einem Betrieb, zur
"Vogtländischen Union – Brauerei", zusammenschließen würden. Dies war infolge der
Entfernung zwischen den einzelnen Brauereien ein waghalsiges Unternehmen, und es war nicht leicht, leitungs– und
verwaltungsmäßig diesen Betrieb zu steuern. Nachdem ein zentraler Flaschenkeller in Zwota mit einer
Abfüllanlage eingerichtet wurde, die in der Stunde 9 000 Flaschen abfüllen konnte, fehlten Arbeitskräfte
in Zwota. Das gesamte Unternehmen erwies sich als äußerst unrentabel. Deshalb entschloß sich die
Betriebsleitung, die kleinen Brauereien, darunter auch die Erlbacher, wegen Unrentabilität 1974 zu schließen.
Die Brauerei war wirtschaftlich und kulturgeschichtlich eng mit dem Ort verbunden. Sie prägte das Ortsbild mit,
schaffte Arbeitsplätze, und ihre Besitzer übten Einfluß auf das Ortsgeschehen aus. Wirtschaftliches
Auf und Nieder bekam der Betrieb zu spüren wie auch die Bevölkerung. Die Brauerei war auf einen gewissen
Wohlstand der Einwohner angewiesen, denn das Bier sollte ja auch getrunken werden. Da gab es im aufstrebenden Ort vor
und nach der Jahrhundertwende keine Schwierigkeiten. Die zahlreichen Wirtshäuser und Bierhandlungen sorgten
für Umsatz. Die Vereine wurden zahlreicher, hielten Versammlungen ab und noch lieber Vergnügen. Jedesmal
floß viel Bier aus dem Hahn. Damals veröffentlichte die Heimatzeitung monatlich den Bierverbrauch der
einzelnen Gaststätten in Hektoliter. Er war enorm! Die Brauereibesitzer hatten trotz Konkurrenz keinen Grund zu
klagen, im Gegenteil, sie konnten schöne Gewinne verbuchen. Dementsprechend war auch der gesellschaftliche Aufstieg von Robert Tauscher im Ort. Ab 1908 gehörte er dem Gemeinderat an und war Mitglied im Schulvorstand. Infolge des Wegzuges des bisherigen zweiten Gemeindeältesten Knüpfer mußte die Neuwahl eines Nachfolgers durchgeführt werden. Die Wahl fiel auf Robert Tauscher. Dafür war eine Art politisches Führungszeugnis notwendig, das Obergendarm Artur Weber ausstellte: "Sein Vermögen wird auf 150 000 Mark geschätzt. Seit 1883 ist er verheiratet und Vater von 4 Kindern im Alter von 11 – 25 Jahren. Seinem Verhalten nach gehört er der konservativen Partei an. Er und seine Familie genießen einen guten Ruf". Für das neue Gemeindeamt spendete Robert Tauscher im Versammlungsraum ein sehr schönes bleiverglastes Fenster, das im Mittelpunkt das Wappen des Erlbacher Adelsgeschlechtes derer von Beulwitz zeigt. Die gute kaiser – und königstreue Haltung änderte sich aber schnell, als die Familie Tauscher einen Sohn im Weltkrieg verlor. "Soldat Kurt Alfred Tauscher, fiel am 15. Juni infolge Kopfschuß an der Lorettohöhe (Ypern) im 24. Lebensjahre", - so meldete der Obervogtländische Anzeiger lapidar. Meist beschrieb Redakteur Friedrich Hoffmann bei derartigen Gefallenenmeldungen noch die näheren Umstände. Hier fehlten ihm scheinbar die Worte, denn er war mit Robert Tauscher befreundet. Tauscher bat am 28. August 1915, der Gemeinderat möge ihn doch von seinem Amte als 2. Gemeindeältesten entlassen. Er habe vor kurzem seinen Sohn auf dem Felde der Ehre verloren, Geschäftssorgen hätten sich eingestellt, und persönliche Differenzen mit einem Gemeinderatsmitglied haben ihm die Freude an der Tätigkeit im Interesse der Allgemeinheit tüchtig verleidet. Die rund 400 Erlbacher Männer, die im Felde standen, tranken daheim kein Bier mehr, und die Daheimgebliebenen konnten wegen Geldmangel nur wenig Bier mehr trinken, da wegen des Krieges jeder Geschäftsgang darniederlag.
Die Brauerei überstand Kriegs – und Nachkriegszeit mit Inflation und Deflation, kurzer Zeit wirtschaftlichen
Aufschwungs und anschließender Weltwirtschaftskrise schlecht und recht. Erst in den 30er Jahren scheinen
sich wieder Investitionen gelohnt zu haben, bis sich in den 50er Jahren, wie bereits erwähnt, der
endgültige Niedergang abzeichnete.
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